Weitere Informationen
Aufschrift der Rückseite: EIN TANZBÄR WAR DER KETT ENTRISSEN, KAM / WIEDER IN DEN WALD ZURÜCK, UND TANZTE / SEINER SCHAR EIN MEISTERSTÜCK AUF DEN GE-/WOHNTEN HINTERFÜSSEN. »SEHT«, SCHRIE ER / DAS IST KUNST, DAS LERNT MAN IN DER WELT. / TUT MIR ES NACH, WENNS EUCH GEFÄLLT UND / WENN IHR KÖNNT!" »GEH«, BRUMMT EIN ALTER / BÄR, »DERGLEICHEN KUNST, SIE SEI SO SCHWER / SIE SEI SO RAR SIE SEI! ZEIGT DEINEN NIEDERN / GEIST UND DEINE SKLAVEREI!« G. E. Lessing. - Beitrag zur Edition und Ausstellung MUSE MACHT MONETEN. Die Medaille von Katja Neubert geht das Spannungsfeld von Kunst und Anpassung von zwei Seiten her an. Die Vorderseite repräsentiert eine empathische Sicht auf die Misere der Kunst, die von Macht und Geld drangsaliert wird. Der Betrachter empfindet direkt Mitleid mit dem geschundenen, durch seinen Nasenring gepeinigten Bären. Dieser sitzt degeneriert auf einem Hocker und ist offenkundig durch Zwang seiner Natur entfremdet worden. Der Tierbändiger kontrolliert das sensible Tier durch einen schmerzhaften Nasenring, und so wird der Bär auf Kommando tanzen, um für seinen Herrn Geld einzubringen. Genauso hält sich ein Mäzen einen Haus- und Hofkünstler, der auf Zuruf maßgeschneiderte Kunst für ihn produziert und als sein persönliches Statussymbol fungiert. Zwar ist der Bär im Vergleich zu dem Tierbändiger das deutlich stärkere Geschöpf; durch gewaltsame Unterwerfung wurde er dem Menschen jedoch gefügig gemacht. Dass es nun eigentlich die Aufgabe des geistig überlegenen Künstlers wäre, sich aus der Abhängigkeit von Mächtigen und Reichen zu befreien, spricht die Rückseite der Medaille mit ihrem auf Gotthold Ephraim Lessing zurückgehendem Lehrgedicht 'Der Tanzbär' aus dem Jahr 1759 deutlich aus. Sie nimmt kritischen Abstand zu den unter fremder Kontrolle stehenden Künstlern. In ihr kommt zum Tragen, dass sich manch ein Künstler seinem Los geradezu freiwillig beugt. Er unterwirft sich der Macht und den Moneten, ohne dieses Verhalten zu hinterfragen. Kein Wunder, dass sich geistig unabhängige Kollegen von solch einem domestizierten, angepassten Künstler bewusst distanzieren.