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Image files are licensed Public Domain Mark 1.0. Berlin, Münzkabinett der Staatlichen Museen, 18200158. Photographs by Lutz-Jürgen Lübke (Lübke und Wiedemann).

Kyzikos

Class/status: City

Denomination: Stater

Date: ca. 430-410 v. Chr.

Country: Turkey
Mint: Kyzikos (Mysien)

Obverse: Omphalos von Delphi mit zwei antithetischen Adlern, darunter ein Thunfisch nach r.
Reverse: Quadratum Incusum.

Production: struck

Coin, Electrum, 16,00 g, 16-21 mm


Previous owners:
(11.05.1838 - 26.04.1920)

Publications: K. Regling, Die antike Münze als Kunstwerk (1924) 133 Nr. 629 Taf. 30 (dieses Stück); H. von Fritze, Nomisma 7, 1912, 16 Nr. 220 Taf. 6, 32; G. K. Jenkins, A catalogue of the Calouste Gulbenkian Collection of Greek coins II (1989) 68 Nr. 643 Taf. 63 (vor 410 v. Chr., verweist auf Vourla Hort IGCH I Nr. 1194); A. Baldwin Brett, Museum of Fine Arts Boston. Catalogue of Greek coins (1955) 200 Nr. 1535 Taf. 75; J. Nollé, Kyzikos als Omphalos, JNG 68, 2019, 11-45 (zur Ikonographie).

Als Zentrum, als Nabel der Welt, bezeichneten sich im Laufe der Geschichte immer mal wieder verschiedene Orte und Städte. Berühmt dafür sind zu unterschiedlichen Zeiten Rom, Jerusalem und Istanbul. Und auch Berlin beanspruchte für sich den Mittelpunkt des Reiches, als im späten 19. Jahrhundert der Neptunbrunnen vor dem Schloss (heute Humboldtforum) über dem Nullpunkt aufgestellt wurde, dem Punkt, von dem aus die preußische Meile gemessen wurde. Aber den Nabel der Welt, den Omphalos, verbinden die Altertumswissenschaftler vor allem mit dem Apollonheiligtum in Delphi. Strabo überliefert den zugehörigen Mythos im Buch IX 3,6 seiner Geographie und bezieht sich dabei auf die Erwähnung des griechischen Dichters Pindar: Zeus habe von beiden Enden der Welt einen Adler ausgeschickt, den einen vom Westen, den anderen von Osten. Und an der Stelle, an der die beiden zusammentrafen, eben in Delphi, befindet sich der Nabel der Welt. Wie Strabo weiter berichtet, wird im Heiligtum von Delphi ein mit Binden umwundener Omphalos gezeigt. Der Elektronstater aus Kyzikos ist eines der wenigen bildlichen Zeugnisse, die diese Art von Mythos veranschaulichen. Antithetisch sitzen hier zwei Adler auf einem mit Wollbinden umspannten Omphalos. Aber es stellt sich die Frage, ob dieses Münzbild auf Delphi zu beziehen ist, oder ob nicht Kyzikos selbst sich als Mittelpunkt der Welt sah und beschreiben wollte. Dass es sich bei dem Elektronstater eindeutig um eine kyzikenische Prägung handelt, bezeugt der Thunfisch, das Parasemon von Kyzikos. Dieser ist unterhalb des Omphalos wiedergegeben. Da es sich bei den Elektronstateren von Kyzikos um eine typenreiche Münzprägung und Fernhandelsmünze handelt, wird in der Forschung immer wieder diskutiert, ob manche der Münzmotive überstädtische Bezüge, etwa zu den Thrakern, nach Athen oder zu den Achämeniden haben. Insofern braucht es weitere Hinweise für einen städtischen Bezug auf Kyzikos. Und tatsächlich ist dies hier der Fall: Der Arzt und Dichter Nikander von Kolophon (Anfang des 2. Jh. v. Chr.) nannte Kyzikos den Nabel der Welt. Das Arktosgebirge bzw. Kyzikos sei mit einem Omphalos versehen. Aelius Aristides spricht in einer im Jahr 166 n. Chr. gehaltenen Rede davon, dass „die Stadt wie ein Nabel (ὀμφαλός) der Region zwischen Gadeira und dem Phasis“ sei. Den Mythos um den Nabel der Welt konnte allerdings nur eine Stadt für sich in Anspruch nehmen, die auch die geographischen Voraussetzungen dafür bot. Für Kyzikos war das kein Problem: gelegen zwischen Europa und Asien in der Nähe der Dardanellen, zwischen Mittel- und Schwarzem Meer, mit zwei Häfen westlich und östlich der Landenge. Darüber hinaus ermöglichte der Rückgriff auf den milesischen Geographen Hekataios (ca. 560-480 v. Chr.), der aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausdehnung des Perserreiches das damalige Weltbild weiter nach Osten schob, neben Delphi einen neuen Mittelpunkt für die Erdscheibe zu benennen, zu dem die Lage von Kyzikos passte.

Photographer Obverse: Lutz-Jürgen Lübke (Lübke und Wiedemann)
Photographer Reverse: Lutz-Jürgen Lübke (Lübke und Wiedemann)

Berlin, Münzkabinett der Staatlichen Museen
Accession 1900 Imhoof-Blumer Zugangsart Kauf

Recommended Quotation: Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz, 18200158

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