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Provenienzrecherche und ihre Hilfsmittel: Inventar- und Erwerbungsbücher des Münzkabinetts
Der Schlüssel zu Informationen über Herkunft (Provenienz), Zugangsart und gegebenenfalls Kaufpreis ist die sogenannte Erwerbungsnummer (Acc.), welche auf dem unter einem Objekt liegenden Münzticket (der Kartelle) vermerkt wird. Über diese, seit 1839 regelmäßig dokumentierte Erwerbungsnummer kann ein Gegenstand in der Sammlung als Teil eines bestimmten Erwerbungsvorganges identifiziert werden. Bei Ankauf großer Bestände wurde in der Vergangenheit der gesamte Vorgang unter einer gemeinsamen Nummer erfasst, so daß wir heute Fälle haben, in denen tausende von Münzen einer Vorgangsnummer angehören. Während also diese Zuordnung und auch die Klärung der Provenienz sich hier meist einfach gestaltet, ist es bei Verlust der Kartelle und damit der Erwerbungsnummer verständlicherweise schwierig, die Herkunft eines Objektes sicher zu bestimmen.
Insbesondere die Verlagerung der Sammlung durch die Rote Armee hat hier für große Unordnung in der Sammlung und der Trennung von Kartellen und Münzen gesorgt. Abhilfe können hier nur frühere Publikationen mit Nennung der gesuchten Daten, eindeutige Zustandsvermerke und Gewichte auf der Kartelle und Abgleiche mit den Inventar- und Erwerbungsbüchern sowie den Verzeichnissen der früher als Doubletten abgegebenen Münzen geben. Gerade bei häufiger vorkommenden Münztypen ist hier leider meist keine Klärung mehr möglich.
Dies alles ist aber nur der erste Schritt, welcher die erste Ebene eines Erwerbungsvorganges beleuchtet. Gerade bei Erwerbungen auf Auktionen oder aber von großen Sammlungen, ist die Herkunft (in diesem Zusammenhang meist als ‚pedigree‘ bezeichnet) meist aus älteren, bekannten Sammlungen von großem numismatischem Interesse. Hier helfen alte Auktionskataloge (vorzugsweise mit Abb.) sowie die historischen Sammlerkartellen weiter, die häufig berichten, wie dieses Objekt in diese alte Sammlung gelangt ist (bevor diese schließlich in das Münzkabinett kam).
Das Münzkabinett ist heute in der Lage, in Einzelfällen Objekte zurück bis in das Jahr 1665 (und mit gewisser Wahrscheinlichkeit sogar bis 1649) nachzuweisen. Zugangsinformationen liegen frühestens ab 1688 (bis 1713) und regelmäßiger ab 1823/1839 vor.
Beispiel: Aureus des Tacitus 18260329 und Twitter Nachricht vom 14.09.2017
Ein Bewusssein für Provenienzen seit 1850
Im Münzkabinett war die Erfassung von Neuzugängen mittels Erwerbungsnummern seit dem mittleren 19. Jh. üblich. Angesichts der teilweise großen, in einem Vorgang erworbenen Stückzahlen, kann allerdings eine Vielzahl von Objekten unter einer einzigen gemeinsamen Nummer erfasst sein.
Siehe hierzu den Eintrag unter dem Datum 4.12.1862 im Erwerbungsbuch antiker Münzen „… da nach Bestimmung S. E. des Herrn General-Direktors nur die wichtigeren Stücke Kartellen mit Accessions-Nummern erhalten sollen. Auch soll ferner nicht jede Münze, sondern nur jeder Ankauf eine Accessions-Nummer erhalten, wie in der Sammlung der neueren Münzen.“ Diese Anweisung bestätigt damit die im Bereich Antike schon zuvor geübte Praxis.
Da eine Inventarnummer laut Definition aber einmalig und einem bestimmten Objekt zugeordnet sein muss, können die Acc.-Nr. nicht als Inventarnummern genutzt werden. Auch wenn seit einigen Jahrzehnten die Acc.-Nr. des Münzkabinetts tatsächlich nur auf ein einziges Objekt bezogen sind, nimmt heute die achtstellige Objektnummer im Format 18200001 die Funktion einer Inventarnummer wahr (die Erwerbungsnr. [Acc.] bleibt aber der Schlüssel zur Ansprache ihrer Provenienz).
Texte und Bilder aus K. Dahmen, Provenienzrecherche und ihre Hilfsmittel: Kartellen, Erwerbungsbücher und -akten, Inventarbücher des Münzkabinetts ab 1649 in: Das Kabinett 17 (2020) 323-335. Beitrag als pdf
Bildnachweise Abb. 1–6: Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, K. Dahmen.