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Guss, einseitig.
Medaillenkunst in Köln im 20.-21. Jahrhundert
Die Kunst der Medaille hat in Köln eine junge Tradition. Während in den weltlich orientierten süddeutschen Kunst- und Wirtschaftszentren Augsburg und Nürnberg diese Sonderform des Miniaturdenkmals in der Renaissance erblühte, dominierte hier, in der nach Rom und Jerusalem seit dem Mittelalter bedeutendsten Pilgerstätte der Christenheit, das sakrale Kunstschaffen. Eine Entfaltung der Medaille als eigenständiges Medium ist erst seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zu registrieren, dafür aber mit einer in der Bundesrepublik unübertroffenen Vitalität. Der Wiederaufbau nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zog zahlreiche Bildhauer nach Köln, ermöglichte Aufträge zur Neugestaltung der öffentlichen Räume und Gebäude, von denen vorrangig die Ausstattung der einst prachtvollen romanischen und gotischen Kirchen, allen voran der Dom, künstlerische Herausforderung war. Noch heute sind in Köln mehr als 50 Bildhauer ansässig. Christi Geburt, die Legende der Heiligen Drei Könige und das Martyrium der Heiligen Ursula waren seit dem 16. Jahrhundert bis zum heutigen Tage ein beliebtes Thema Kölner Medailleure. Stellvertretend für die Vielfalt sakralen Gestaltens und wie eine Metapher das Thema rahmend, steht eine Kirchenplakettenedition von 17 Kölner Künstlern aus den 1970er Jahren. Die seit 1926 mit dem Namen „Kölner Werkschulen“ verbundene künstlerische und gewerbliche Ausbildungsstätte bot Kunstschülern die Fachrichtungen Malerei, Plastik, Grafik und Architektur an. Der Bildhauer und Medailleur Ludwig Gies folgte 1950 aus Berlin einem Ruf in die Domstadt und übte bis zu seiner Emeritierung 1962 eine Professur für Bildhauerei, Steinmetz- und Friedhofskunst aus. Mit diesem, im Dritten Reich verfemten Künstler wurzelt der kräftig ausladende Stammbaum der Kölner Medaillenkunst der Gegenwart. Bedeutendster Schüler und Nachfolger war Karl Burgeff (1928-2005) mit einem Œuvre von 250 zumeist in Bronze gegossenen medaillenförmigen Kleinreliefs. Mythologische Themen, aber auch Landschaften, Porträts und Themen mit aktuellem Gesellschaftsbezug kennzeichnen sein Opus.Der nahezu vergessene Bildhauer, Grafiker und Medailleur Jochem Pechau (1929-1989) hat ebenfalls ein eindrucksvolles Medaillenwerk hinterlassen. Heribert Calleen (1924), Rudolf Peer (1932) und Wolfgang Reuter (1934) waren wie Burgeff und Pechau Meisterschüler von Gies. Dessen Vorbild mit einem der altägyptischen Kunst entlehnten Stil des versenkten Reliefs und der Methode, die Gestaltung im Positiv-Negativ-Schnitt zu entwickeln, sowie die lange Zeit vorherrschende christliche Motivik haben die Arbeiten der „Kölner Schule“ bestimmt. Andere künstlerische Auffassungen erweiterten den thematischen und stilistischen Rahmen. 1947 bereits war Joseph Jaekel als Leiter der Metallbildnerklasse an die Kölner Werkschulen berufen worden. Sein eigenes Medaillenwerk ist zwar nicht umfangreich, einige namhafte, in der Ausstellung nicht vertretene Medailleure zählen jedoch zu seinen Schülern: Kurt Wolf von Borries (1928-1985), Olaf Höhnen (1933) und Erwin Nöthen (1935). Georg Ahrens (1947) und Titus Reinarz (1948) wurden bei Kurt Schwippert (1903-1983) und Karl Burgeff ausgebildet. Der Einfluss Burgeffs ist deutlicher zu spüren.Unter den heute aktiven Künstlern der mittleren Generation, zumeist von Karl Burgeff „geformt“, sind Agatha Kill (1948) und Lucia Hardegen (1951) hervorzuheben. Beide haben inzwischen auch erste Preise in Wettbewerben zu Gedenkmünzen erzielt.Bildhauer und Medailleure der jüngeren Generation sind Burkhard Jankowski (1961) mit einem berührenden Porträt von Burgeff und Ulrich Görtz (1963). Der „Ideenkatalog“ ihrer Arbeiten enthält ein breites Spektrum der Themen und Anlässe. Zu den bisher Genannten sind Künstler zu zählen, die ihre Ausbildung in anderen Orten erhalten haben, aber durch ihr Wirken untrennbar mit der Kunst- und Medaillenszene Kölns verbunden sind, wie zum Beispiel Elisabeth Baumeister-Bühler (1912-2000), Hildegard Domizlaff (1898-1987), Heide Dobberkau (1929). Eine gemeinsame „Handschrift“ ist ihren Arbeiten nicht anzumerken. Singulär etwa sind die sensiblen Tiermedaillen von Heide Dobberkau. Aus Hamburg kam im Jahre 1950 auch Gerhard Marcks (1889-1981) nach Köln. Elmar Hillebrand (1925) schließlich lebt und arbeitet auch dort; hatte seine Ausbildung jedoch in Düsseldorf und Paris. Eigene Lehrtätigkeit in Aachen führte wohl zu thematischen, nicht aber zu stilistischen Berührungen mit der „Kölner Schule“. Das Münzkabinett verdankt Frau Irmgard Lauscher-Koch (1933-2007) den Medaillennachlass ihres Lebensgefährten Karl Burgeff. Frau Hannelore Pechau übereignete den Medaillenbestand ihres Mannes. Rudolf Peer, Georg Ahrens und Elmar Hillebrand schenkten Arbeiten. Jochen Bohn übergab die von ihm verlegte Edition Kölner Kirchenplaketten. Eine Monografie zum gleichen Thema bietet erstmals einen umfassenden Überblick zur Medaillenkunst in Köln im 20. Jahrhundert (ISBN 978-3-88609-602-2; Buchhandelspreis 49,- Euro).