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Der Mittelteil mißt 31,5x22 cm. - Als eine Art Ouvertüre zur Ausstellung des Münzkabinetts macht ein 450 Jahre altes, bleiverglastes Fenster den Betrachter mit der Kunst und Technik der Münze bekannt. Er blickt in eine ihrer Geburtsstuben, die Münzstätte Schaffhausen in der Schweiz. Der dortige Münzmeister Wernhartt (Werner) Zenckgraff und „sin egemahel Froneck (Veronika) Beierin“ stifteten im Jahre 1565 diese eindrucksvolle Szenerie in Schwarzlotzeichnung und farbiger Ausmalung mit Münzmeisterwappen (Zainhaken auf nach unten offener Mondsichel) und Namensband. Glasmalerei mit Widmungsinschrift und Wappen ist eine charakteristische Schweizer Kunstgattung des 16. Jahrhunderts, die ihr Aufblühen dem erstarkten Bürgertum verdankt, und auch das „Berliner Münzfenster“ gehört in diese Kategorie. Seine Herkunft ist nicht mehr festzustellen. Es zierte schon die erste Dauerausstellung im 1904 eröffneten Kaiser Friedrich-Museum. Neun kleine Simultanbildchen gliedern das Münzgebäude durch eine kräftige loggiaartige Rahmenarchitektur gleichsam in drei Stockwerke. Die darin sichtbaren Darstellungen spiegeln nicht sämtliche Prozesse der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Münzherstellung wider. Der Fenstergucker erspäht jene Fertigungsprozesse, die in verschiedenen Gewölben der Münzstätte gerade ablaufen. So kann er zusehen, wie unten links das geschmolzene Metall in Stangen, so genannte Zaine gegossen wird, während in der Mitte und oben links offenbar ein solcher Zain mit dem Hammer auf die Dicke der Münze dünn geschlagen, „gestreckt“ wird. Von dort wird der Blick in der mittleren Reihe wieder nach unten gelenkt. Oben schneidet ein Münzarbeiter mit einer großen „Benehmschere“ die noch ungefügigen Schrötlinge aus dem Zain, die sein Kollege darunter auf die für den späteren Prägevorgang nötige platte Form schlägt.
Der unbekannte Künstler hält vor der Darbietung der abschließenden Vorgänge überraschend inne und stellt kompositorisch nahezu exakt im „Goldenen Schnitt“ des Fensters einen Wassereimer auf den Brunnenrand, neben dem ein Paar steht. Es sind Christus und die Samariterin aus dem Johannesevangelium (4, 1-42). Darin ist von „lebendigem Wasser“ die Rede. Christus belehrt die Samariterin, dass das Wasser aus diesem Brunnen eine Quelle ewigen Lebens birgt, während gewöhnliches Wasser immer nur wieder durstig macht. Der Bezug zum „holden Mammon“ drängt sich auf, nach dem man auch immer wieder dürstet und von dem man nicht genug kriegen kann. So eindrucksvoll belehrt, könnte der Betrachter die Szene verlassen, aber er unterliegt der Versuchung und wird in der weiteren Betrachtung Zeuge der Münzwerdung. Wie zum Spott, siedet rechts unten ein Lehrling im Narrengewand die Schrötlinge in großen Pfannen in Säure, um der Oberfläche durch Herauslösen des Kupfers einen besonderes edlen, verführerischen Silberglanz zu geben. Was nun kommt, ist unweigerlich die Vollendung oder das Ende. Der Münzer rechts in der Mitte rundiert noch einmal die Rohlinge und sortiert sie in ein Fassbrett, aus dem der Münzer oben rechts sich bedienen kann und mittels eines symbolisch großen Stempels dem Rohling das Gepräge gibt. Das Geldstück ist geboren.
Geld löscht den Durst und regiert die Welt, glaubt der Mensch seit 2700 Jahren. Der Betrachter der Szenerie ist zwar eines besseren belehrt worden, aber wird er dem „schnöden Mammon“ deswegen entsagen?