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Die vorliegende Medaille gehört zu einer Gruppe von vier Typen, die gemeinsam als Wertstufen ein eigenständiges Nominalsystem bilden. Jedes ist mit mahnenden Redewendungen verbunden: Das 1-Pfennig-Stück mit dem Spruch 'Die Ohren steif', das 10-Pfennig-Stück mit 'Denken bis der Groschen fällt', das 50-Pfennig-Stück mit 'Hütet Euch', ergänzt von dem vorliegenden 1-Mark-Stück. Die Redewendungen werden in Bilder übersetzt, etwa wenn wie hier die Mark Beine erhält, um rennen zu können. Man denkt bei dem Sprinter der Vorderseite unwillkürlich an einen (Neu-)Kapitalisten oder an einen sogenannten Wendegewinner. Gestalterisch interessant ist auf dem vorliegenden Stück insbesondere das Übergreifen der Vorderseite auf die Rückseite. Hoyer schafft mit seinen Arbeiten eine Künstlerwährung. Dabei geht es ihm nicht nur um Geld: Vielmehr stehen auch Werte zur Diskussion, und zwar moralisch-persönliche Charakterwerte, mit denen ein Mensch in der Lage ist, im übertragenen Sinne Vermögen anzuhäufen: Durchhaltevermögen (1 Pfennig), Denkvermögen (10 Pfennig), Urteilsvermögen (50 Pfennig) und Unterscheidungsvermögen (1 Mark). Anstatt auf den erhobenen moralischen Zeigefinger setzt Hoyer in sympathischer Weise auf doppeldeutigen Witz und Ironie, um den Menschen den Spiegel vorzuhalten und vor den Tücken des Geldes zu warnen. Die vorliegende Medaille gelangte 1994 in die FIDEM-Auswahl Budapest. Mit ihren drei Partnermedaillen gehört sie zur Edition ‚KunstGeld 1993‘, die sich auf verschiedenste Weise mit dem Spannungsfeld von Kunst und Geld auseinandersetzt. Die Edition wurde unter der Schirmherrschaft des Berliner Münzkabinetts, vertreten durch Wolfgang Steguweit, durch den Berliner Medailleurskreis entwickelt. Sie umfasste 21 Arbeiten von zehn Berliner Bildhauern, Grafikern und Medailleuren. Alle Werke waren auf eine Menge von 10 Stück limitiert und wurden zu Festpreisen durch das Tempelhofer Münzenhaus Heinz Senger vertrieben. Die Gruppe bestand aus Axel Bertram, Horst Engelhardt, Wilfried Fitzenreiter, Florian Flierl, Evelyn Hartnick, Heinz Hoyer, August Jäkel, Roland Nicolaus, Anna Franziska Schwarzbach und Heidi Wagner-Kerkhof. Im Folgejahr wurde die Edition unter dem Titel ‚KunstGeld 1994. Balance halten - Dialog‘ mit teilweise anderen Teilnehmern weitergeführt. - Gegossen in der Gießerei Flierl.
Medaillen der FIDEM und für FIDEM-Ausstellungen
Im Jahre 1937 gegründet, veranstaltet die „Féderation Internationale de Médaille“ (FIDEM) in der Regel im Zweijahresrhythmus mit Kongressen verbundene Ausstellungen als Leistungsschau auf dem Gebiet der aktuellen Medaillenkunst. Zu diesen Biennalen erscheinen offizielle Teilnehmermedaillen, die einen Einblick in Stand und Entwicklung dieser Spezies in dem jeweiligen Gastgeberland vermitteln. Während in den Ausstellungen vielfach unikate Schöpfungen die formalen und technischen Grenzen bewusst überschreiten und zur Skulptur, zum Objekt, zum Schmuckstück oder zur Kollage tendieren, damit Modernität simulieren, zeigen gerade die in mehreren hundert Exemplaren vervielfältigten offiziellen Medaillen bei aller originellen Idee und mitunter überraschenden Umsetzung die Grenzen ungebundenen Spiels auf. Soll die Medaille als eigenständiges künstlerisches Medium auch im neuen Jahrtausend noch gefragt sein, muss man sich dieser Grenzen bewusst sein.
Die Medaillen, welche, für jedes beteiligte Land auf eine bestimmte Anzahl kontingentiert, für die FIDEM-Ausstellung alle zwei Jahre ausgewählt werden, spiegeln das aktuelle Kunstschaffen im Bereich der modernen Medaillenkunst.