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Die französische Nationalversammlung traf bereits vor der Abstimmung über die Verfassung der konstitutionellen Monarchie Entscheidungen, die mit der Rechts- und Verfassungsordnung des Ancien Régime brachen. Dies betraf etwa die Abschaffung der Privilegien, der in der Nachtsitzung vom 4. auf den 5. August akklamiert und die in der Sitzung des 11. August 1789 als Dekret beschlossen wurde. Mit der Abschaffung aller Feudalrechte, des Verkaufs von Ämtern, der Jagdrechte und der grundherrlichen Rechtsprechung war der erste Schritt in eine Gesellschaft bürgerlicher Gleichheit getan. Entsprechend wurde auch die alte Forderung der Gleichheit in der Besteuerung eingelöst. Diese Richtungsentscheidung sollte nach Ansicht der Nationalversammlung der Bevölkerung durch eine Medienkampagne vermittelt werden. Von der Nationalversammlung wurde beschlossen, zur Erinnerung an ihre revolutionären Entscheidungen die hier gezeigte Medaille prägen zu lassen. Die von Benjamin Duvivier (Vorderseite) und Nicolas Gatteaux (Rückseite) gestaltete Medaille ist eine der bemerkenswertesten Prägungen der Revolutionszeit. Beide Medailleure gehörten zu den berühmtesten des zu Ende gehenden Ancien Régime. Duvivier hatte 1772 das Amt des „Graveur général des Monnaies“, also des Leiters der Pariser Münzstätte, erhalten. Duviviers Porträt von Ludwig XVI. auf dieser Medaille steht in der Tradition verherrlichender Herrschaftsbildnisse, wofür er bekannt war. Gatteaux, der ebenfalls bei der Pariser Münzstätte angestellt war, war für Medaillen bekannt, die der eindrucksvollen Selbstdarstellung des Ancien Régime dienten. Mit dieser Rückseite wusste er eines der großen Ereignisse der Französischen Revolution in einprägsamer Form zu vermitteln: In einer Art von Schwurszene der Vertreter aller drei Stände am Altar des Vaterlandes wird die Abschaffung der Adelsprivilegien bekräftigt. Unterhalb des Altares liegen in symbolischer Form die Verleihungsurkunden der aufgehobenen Privilegien. Die Bildkomposition dieser Medaille machte die in der richtungweisenden Sitzung vom 4. auf den 5. August 1789 beschlossene Auflösung der ständischen Gesellschaft bewusst: Zwar hatten Repräsentanten des Adels der Aufhebung ihrer Privilegien zugestimmt, gleichwohl blieb aber das „Privileg“ der Monarchie bestehen. Um diesen schwierigen Spagat zu legitimieren, verlieh die Nationalversammlung in der gleichen Sitzung Ludwig XVI. den auf dem Vorderseite genannten Titel eines „Erneuerers der französischen Freiheit“. Mit diesem neuen Titel wollte die Nationalversammlung mutmaßlich die Botschaft verbreiten, dass der König auf Seiten der von der Nationalversammlung verabschiedeten Reformen stehe und dass das revolutionäre Reformprojekt nur im Schulterschluss mit der Monarchie zu realisieren sei. Vielleicht versuchte man aber auch nur die Vorbehalte Ludwigs XVI. gegen die revolutionäre Entwicklung zu überspielen, ihn also in den Reformprozess zu integrieren. Bei dem in der Folgezeit häufig verwandten Ehrentitel lässt sich nicht zuletzt fragen, welche französische Freiheit Ludwig XVI. restauriert haben soll. Des deutlichen Bruches zwischen alter ständischer und revolutionär erkämpfter bürgerlicher Freiheit wurde offensichtlich nicht hinreichend Rechnung getragen. - Diese Medaille wurde 1790 in einer Auflage von 1.200 Exemplaren herausgegegeben und von den Abgeordneten der Nationalversammlung finanziert [E. Launay, Costumes, Insignes, Cartes, Médailles des Députés 1789-1898 (Neuauflage 1981) 17 f.].
Medaillen Klassizismus
Nach der Mitte des 18. Jh. setzte auch im Medaillenschaffen eine Gegenbewegung zum Barock ein. Pathos im Ausdruck und Dynamik in den Kompositionen wurden abgelöst vom Streben nach Verinnerlichung und klassischer Ausgewogenheit. Zwar blieb die Medaille zum großen Teil noch höfisch gebunden, doch gab es zunehmend bürgerliche Auftraggeber. Es war eine Hochzeit für die Personenmedaille. Ehrungen und Auszeichnungen boten vielfältige Anlässe. Die Gelegenheitsmedaille mit persönlichen Widmungen erreichte eine zuvor nicht gekannte Popularität. Sie war die metallene Entsprechung zur biedermeierlichen Konjunktur der Souvenir- und Albumblättchen in der Graphik. Private Medaillenfirmen wie die Prägeanstalt Loos in Berlin bedienten als Konkurrenten zu den staatlichen Münzstätten den Markt. Daneben widmeten sich namhafte Bildhauer der Gussmedaille.