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Exemplar Dressel B. -
Die Berliner Abukir-Medaillone – Alexander der Große in Gold
- Ein Schatz wird gefunden -
Im Jahre 1902 stießen Arbeiter bei Abukir, nordöstlich von Alexandria an der Küste des Mittelmeers gelegen, auf einen spektakulären Schatzfund aus römischer Zeit. Die darin enthaltenen 20 außergewöhnlich großen Goldmedaillone sowie ca. 600 reguläre Goldmünzen und mehrere Barren wurden sofort an lokale Händler verkauft und wenig später auf dem europäischen Kunstmarkt angeboten. Von diesen 20 Medaillonen konnte das Berliner Münzkabinett in den folgenden Jahren fünf Exemplare erwerben. Die mitgefundenen Goldmünzen römischer Kaiser sind in Teilen dokumentiert und beweisen, daß dieser Hort kurz nach 300 n. Chr. in der Erde vergraben wurde. Die Münzen selbst sind in den Jahren zwischen ca. 220 und 300 n. Chr. geprägt worden.
- Bilder machen Legenden -
Die Berliner Medaillone sind nicht nur wegen ihres Gewichts und des Materialwertes (sie wiegen zwischen 112 und 65 Gramm bei Durchmessern von 48 bis 60 mm) von großer Bedeutung, sondern wegen der auf ihnen dargestellten Bilder. Drei zeigen auf ihren Vorderseiten das Porträt Alexanders des Großen (356–323 v. Chr.) in verschiedenen Fassungen, eines das seiner Mutter Olympias, sowie ein weiteres die Büste des römischen Kaisers Caracalla (211–217 n. Chr.), der einen Schild mit Alexanderdarstellung hält. Die Rückseiten präsentieren die Siegesgöttin Nike in einem Wagen bzw. Nike ein Siegesdenkmal schmückend (zweimal) bzw. die Siegesgöttin Waffen an Alexander überreichend. Das Stück mit dem Olympiasporträt zeigt auf der Rückseite eine Nereide (Meernymphe) auf einem Seestier reitend.
Alle diese Motive lassen sich auf Alexander III. von Makedonien beziehen. Die Vorderseiten umschreiben in ihren unterschiedlichen Fassungen verschiedene Qualitäten des Königs (mit Widderhorn als Sohn des Gottes Zeus Ammon, mit Helm bzw. in der Vorderansicht mit Lanze und Schild als unüberwindlicher Krieger), während die Rückseiten seine allgemeine Sieghaftigkeit, Herkunft und mythologische Überhöhung formulieren.
- Das Idol Alexander -
Alexander der Große wurde bereits direkt nach seinem Tod ein Vorbild für hellenistische Könige, die über Teile seines Reiches herrschten. Später beriefen sich auch römische Kaiser auf Alexander. Seine Person war von nun an prägend für viele Herrscher bis in die jüngste Vergangenheit. Die Geschichte seiner Taten wurde in Berichten und Erzählungen immer weiter legendenhaft ausgeschmückt.
Gerade aus dem 3. Jh. n. Chr. und insbesondere aus der Zeit der Familie des Caracalla, den Severern (193–235 n. Chr.), kennen wir viele Münzdarstellungen Alexanders auf dem lokalen Bronzegeld verschiedener Städte. Auf diese Weise sollte die Bedeutung, das Alter und die griechisch-makedonische Herkunft der Stadt und ihrer Bewohner besonders hervorgehoben werden. Unter den numismatischen Zeugnissen bieten allein die Münzen der Provinz Makedonien, die in Beroia (heute Veria in Griechenland) geprägt wurden, den Abukir-Medaillonen vergleichbare und teilweise identische Motive. Auch wissen wir durch Inschriften von gymnischen und musischen Spielen (darunter Laufwettbewerbe, Pferderennen, Faustkampf und ein Wettstreit von Herolden) zu Ehren Alexanders und des regierenden Kaisers aus dieser Zeit in Beroia. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese prachtvollen Medaillone anläßlich dieser Spiele hergestellt und als besonders wertvolles Geschenk an prominente Würdenträger, hohe Beamte und siegreiche Athleten gegeben wurden.
Die schon zum Zeitpunkt ihrer Auffindung spektakuläre Bedeutung dieser Medaillone schlug sich auch in der Höhe des schließlich gezahlten Kaufpreises nieder. Nur aufgrund der Großzügigkeit von Sponsoren (darunter der bekannte Mäzen der Berliner Museen, James Simon, sowie Elise Koenigs und Gerson Simon) konnte das Münzkabinett den geforderten Betrag von knapp 120.000 Goldmark aufbringen. Diese Summe (ein Arbeiter verdiente im Jahr durchschnittlich 900 Mark brutto) sorgte in Kombination mit einem anfänglich gehegten Fälschungsverdacht gegen diese Medaillone bei dem für ihren Ankauf verantwortlichen Kurator Heinrich Dressel (1845–1920) zunächst für schlaflose Nächte.