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Für ein Kleinkind gehört es zu den größten Freuden, wenn sich ein Erwachsener mit ihm beschäftigt. Es kann nicht genug bekommen von Schleuderspielen oder „Huckepack“. Auf einer pergamenischen Münze aus der Regierungszeit des M. Aurelius (161-180 n. Chr.) balanciert und wippt ein Satyr einen Satyriskos auf dem rechten Fuß. Der Satyr sitzt auf einer Rundbasis und hält den kleinen Satyr, der die Arme ausgestreckt hat, rechts an dem Handgelenk, links an der Schulter. Die Münzen zeigen eines der Spiele, die ohne Hilfsmittel überall möglich sind. Selbstverständlich waren sie auch bei den Kleinkindern in der Antike beliebt. Die erwachsenen Bürger lehnten es aber ab, in dieser Alltagssituation abgebildet zu werden, möglicherweise, weil sie diese Darstellungsweise für zu wenig repräsentativ hielten. So findet sich ikonographisch Vergleichbares zu dem Münzbild von Pergamon auch nur auf einer eher intimen und privaten Denkmälergattung, den Gemmen seit hellenistischer Zeit. Seit dem Hellenismus begann man, auch solche Statuen im Freien aufzustellen, die der landschaftlichen Situation angepaßt waren. Man konnte die Skulptur eines schlafenden Satyrs in einer Grotte entdecken, eine betrunkene alte Frau mit einem großen Weingefäß am Wegesrand, einen Fischer am Rand eines Wasserbeckens oder einen Satyr, der sich mit einer Mänade vergnügte. Im Gegensatz zu den Statuen der „viri illustres“ hatten diese Kunstwerke keinen Vorbildcharakter, sondern ihre Aufgabe war es, den Betrachter durch natürlich erscheinende Darstellungen zu verblüffen, ihm eine bukolische Umgebung vorzugaukeln und durch drastische oder liebliche Genredarstellungen zu amüsieren. Die „Helden“ dieser Szenen waren Bauern, Fischer, Bettler und Huren, von denen man sich ähnlich weit entfernt fühlte wie von den Satyrn und Mänaden der mythischen Welt. Auch das fröhliche Treiben um Dionysos bot Platz für lustige oder derbe Kompositionen. Die Darstellung einer Genreszene auf einer Münze erstaunt, denn auch die Münzen blieben als Selbstdarstellungsform der Städte in ihrem Bildprogramm auf ehrwürdige Bilder der Götter und ihrer Umgebung beschränkt. Dionysos ist auf den pergamenischen Münzen immer repräsentativ und wenig spezifisch wiedergegeben. Auch spielt er im Bildprogramm der pergamenischen Münzprägung keine überragende Rolle. Der Grund für die Wiedergabe der Genregruppe muß deshalb anderswo zu suchen sein. Vom ersten bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts n. Chr.benutzten die griechischen Städte in einzigartiger Weise die Münzen zum Städtelob. Neben der schon lange praktizierten Wiedergabe der Stadtgötter stellte man vieles andere heraus, mit dem sich die Stadt schmücken konnte. Mit Verweisen auf Kulte, Heroen, Personifikationen, Architekturen, Festspiele und Stadttitel hob man die Bedeutung der Stadt hervor. Man zeigte Dinge, mit denen sich die Stadt schmücken konnte. Zu diesem Städtelob gehörte auch der Hinweis auf berühmte und hochwertige Skulpturen wie etwa die Aphrodite von Knidos. Für zeitgenössische Schriftsteller wie Pausanias oder Philostrat erschloß sich die Attraktivität von Orten auch über das Vorhandensein berühmter Plastiken, die „Meisterforschung“ fand in ihnen ihre ersten Vertreter. Vor diesem Hintergrund ist auch die Gruppe von Satyr und Satyriskos als die Wiedergabe einer Skulpturengruppe zu verstehen, die die Pergamener für ein darstellungswertes Meisterwerk hielten. Wie wichtig sie den Pergamenern war, läßt sich aus dem Umstand ableiten, daß sie unter Commodus noch einmal auf den Münzen wiedergegeben ist, es sich also bei der aurelischen Münze nicht um einen isolierten Einzeltyp handelt, den man als Idee eines Stempelschneiders abtun könnte. Die Statuengruppe, die im Original möglicherweise eine hellenistische Bildhauerarbeit in Pergamon war, wird in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts in einem städtischen Heiligtum zu bewundern gewesen sein.
Griechische Münzen in der Römischen Kaiserzeit
Als der Adoptivsohn Caesars, genannt Octavianus, im Jahre 27 v. Chr. zum Augustus erhoben wurde, merkten die griechischen Bewohner des Römischen Reiches, dass die Bürgerkriege der späten Republik vorbei waren. Das neue System des Prinzipates versprach Frieden und eindeutige Ansprechpartner in Rom, die die städtischen Honoratioren in das Herrschaftssystem einbanden. Die Städte begannen wieder zu prosperieren. Die nun hergestellten städtischen Münzen bestanden überwiegend aus Bronze. Sie sind Zeugnisse des Selbstverständnisses der Städte und deren Verhältnis zum römischen Kaiserhaus. Die Vorderseiten trugen nun anstatt von Götterbildern überwiegend die Porträts von Angehörigen des Kaiserhauses. Auch die Rückseiten konnten in Bezug auf Rom gestaltet sein. Einen größeren Umfang nahmen hier jedoch Bilder in unmittelbarem Bezug auf die Stadt selbst ein. Am häufigsten waren Darstellungen der städtischen Gottheiten, ihrer Begleiter und Attribute. Die Münzen sangen ein Städtelob mit Strophen auf das ehrwürdige Alter und die Zugehörigkeit zur griechischen Koiné. Sie zeigen die lokalen Heroen und Mythen. Der Schmuck der Stadt mit Architektur und berühmten Skulpturen ist auf den Münzen zu sehen. Homer, Herodot und andere Vorfahren (‚viri illustres’) trugen zum Ruhm der Stadt bei. Mit Stolz präsentiert man die Festspiele und die Ehrentitel der Stadt, um die man mit anderen Städten konkurrierte. Ab Mitte des 3. Jahrhunderts verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage, so dass es zunehmend unattraktiv wurde, eigenes Geld zu produzieren. In der Regierungszeit des Tacitus (275/276 n. Chr.) gaben auch die letzten Prägeorte die Herstellung städtischen Geldes auf. In Alexandria dagegen endet die reguläre Münzprägung 295/296 bzw. mit dem Usurpator Domitius Domitianus 297/298 n. Chr.
Das Zeitalter der Adoptivkaiser
Rom erlebte die Zeit seiner größten territorialen Ausdehnung unter dem Kaiser Traianus (98-117 n. Chr.), der von Nerva (96-98) adoptiert worden war. Traianus adoptierte Hadrianus (117-138), der zusammen mit seinem von ihm adoptierten Nachfolger Antoninus Pius (138-161) die Konsolidierung der Reiches und dessen größte Blüte gewährleistete. Erst Marcus Aurelius (161-180) wich von dem bewährten System der Adoption wieder ab, als er seinen eigenen Sohn Commodus zum Caesar machte.