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Den Spruch 'Ob Huren oder Dichter, aus Kunden werden Richter' ordnet Roland Nicolaus sowohl einer Medaille mit der kritischen Schriftstellerin Christa Wolf als auch einer Medaille mit dem Dramatiker Heiner Müller zu. Das gemeinsame Thema von Nicolaus' Werken ist Künstler- und Marktkritik. Das schwungvolle Porträt Stalins wird nicht von einem Menschen ausgeführt, sondern von einer seelenlosen Maschine. Sie symbolisiert den Künstler: Dreht er am Hebel, fangen die Augen des Künstlers an zu leuchten, bewegt sich der Kiefer zur Rede, beginnt die Hand zu malen. Somit wird der Künstler als vom Markt fremdgesteuert charakterisiert. Würde er etwa aus eigenem Antrieb und mit voller Überzeugung ein Diktatorenporträt malen? Eher nicht: Voraussetzung ist die Aufgabe von Selbstachtung, Verstand und Kritik. Beide erwähnten Medaillen gehören zur Edition ‚KunstGeld 1993‘, die sich auf verschiedenste Weise mit dem Spannungsfeld von Kunst und Geld auseinandersetzt. Die Edition wurde unter der Schirmherrschaft des Berliner Münzkabinetts, vertreten durch Wolfgang Steguweit, durch den Berliner Medailleurskreis entwickelt. Sie umfasste 21 Arbeiten von zehn Berliner Bildhauern, Grafikern und Medailleuren. Alle Werke waren auf eine Menge von 10 Stück limitiert und wurden zu Festpreisen durch das Tempelhofer Münzenhaus Heinz Senger vertrieben. Allein die eingereichten Arbeiten von Nicolaus bilden eine Ausnahme: Sie sind jeweils Unika. Die Künstlergruppe bestand aus Axel Bertram, Horst Engelhardt, Wilfried Fitzenreiter, Florian Flierl, Evelyn Hartnick, Heinz Hoyer, August Jäkel, Roland Nicolaus, Anna Franziska Schwarzbach und Heidi Wagner-Kerkhof. Im Folgejahr wurde die Edition unter dem Titel ‚KunstGeld 1994. Balance halten - Dialog‘ mit teilweise anderen Teilnehmern weitergeführt. Das vorliegende Stück besteht aus einer gravierten und geätzten vergoldeten Zinkplatte. Es gehörte zur FIDEM-Auswahl Budapest 1994.
Medaillen der FIDEM und für FIDEM-Ausstellungen
Im Jahre 1937 gegründet, veranstaltet die „Féderation Internationale de Médaille“ (FIDEM) in der Regel im Zweijahresrhythmus mit Kongressen verbundene Ausstellungen als Leistungsschau auf dem Gebiet der aktuellen Medaillenkunst. Zu diesen Biennalen erscheinen offizielle Teilnehmermedaillen, die einen Einblick in Stand und Entwicklung dieser Spezies in dem jeweiligen Gastgeberland vermitteln. Während in den Ausstellungen vielfach unikate Schöpfungen die formalen und technischen Grenzen bewusst überschreiten und zur Skulptur, zum Objekt, zum Schmuckstück oder zur Kollage tendieren, damit Modernität simulieren, zeigen gerade die in mehreren hundert Exemplaren vervielfältigten offiziellen Medaillen bei aller originellen Idee und mitunter überraschenden Umsetzung die Grenzen ungebundenen Spiels auf. Soll die Medaille als eigenständiges künstlerisches Medium auch im neuen Jahrtausend noch gefragt sein, muss man sich dieser Grenzen bewusst sein.
Die Medaillen, welche, für jedes beteiligte Land auf eine bestimmte Anzahl kontingentiert, für die FIDEM-Ausstellung alle zwei Jahre ausgewählt werden, spiegeln das aktuelle Kunstschaffen im Bereich der modernen Medaillenkunst.